Die Knochensäger aus dem Goms

Foto: Thomas Andenmatten

Foto: Thomas Andenmatten

Mitten in den Walliser Alpen hat sich in den letzten Jahren ein Unternehmen für Medizinaltechnik etabliert. Dank Spitzentechnologie wurde es zum wichtigsten Arbeitgeber in der Region – obwohl dort Spezialisten fehlen.

30-07-2016 / Blick

Ihr Sägeblatt zerschneidet Knochen so präzis wie kein anderes. Weltweit setzen Chirurgen auf die geschliffenen Schneidezähne aus dem Goms. «Niemand sonst kann sie so herstellen wie wir», sagt Bruno Erzinger (60), Chef der Gomina AG. In 40 Schweizer Spitälern sind die komplett in Niederwald VS produzierten Sägeblätter und Raspeln für die Knochenchirurgie im Einsatz.

Hier auf 1300 Metern über Meer hat sich in den letzten zehn Jahren eine hochmoderne Produktion für Medizinaltechnik entwickelt. Hightech in den Alpen. Und das in einer von der Abwanderung geplagten Region, wo sonst fast nur der Tourismus Geld in die Kassen spült.

Mit 31 Mitarbeitern ist Gomina heute die grösste Ganzjahresarbeitgeberin im Goms. Deshalb ist die Firma neben fünf anderen Teilnehmern für den Prix Montagne 2016 nominiert. Er zeichnet Firmen und Organisationen aus, die in Berggebieten für wirtschaftliche Entwicklung sorgen.

Erzinger weiss, was er mit den 40 000 Franken Preisgeld anstellen würde: «Wir würden damit Mitarbeiter weiterbilden oder eine neue Stelle schaffen.» Im Oberwallis seien kaum Spezialisten zu finden, sagt Erzinger. Aber loyale Mitarbeiter. «Wir haben schon Bäcker, Zimmerleute, Förster oder Lokführer umgeschult.»

Die Auftragsbücher sind voll, die Maschinen laufen sogar am Samstag – trotz des starken Frankens. Als die Schweizer Nationalbank (SNB) 2011 den Euro-Mindestkurs einführte, setzte Gomina auf eine Euro-Franken-Parität. Die Aufhebung des Mindestkurses im Januar 2015 schockierte das Unternehmen deshalb nicht. Der Umsatz sei in den letzten Jahren stets gestiegen, sagt Erzinger. «Auch für die Zukunft sieht es gut aus.»

Das war nicht immer so. Um die Jahrtausendwende drohte dem Unternehmen das Aus. Gomina produzierte damals als Zulieferin Sägeblätter für Konzerne wie Bosch und Scintilla. Dann brachen Aufträge weg, Mitarbeiter mussten entlassen werden.

«Wir realisierten, dass wir längerfristig an diesem Standort mit Massenware keine Chance haben. Also haben wir uns spezialisiert», sagt Erzinger. Ein eigenes Produkt musste her. Es begannen Jahre des Tüftelns und Entwickelns. Im Markt erkämpfte sich Gomina eine Nische: mit hoch komplexen Sägeblättern.

Im untersten Stock des dreistöckigen Gebäudes werden die Sägeblätter erzeugt. Im obersten Stock werden sie gereinigt und abgepackt. Die mittlere Etage steht leer. «Raum für unsere zukünftigen Projekte», sagt Erzinger. Verraten könne er noch nichts, aber eine Idee habe er schon.