Micarna bietet spezielle Lehrstellen an: Diese Flüchtlinge haben Schwein

fleisch125 Flüchtlinge dürfen die Fleischerei der Migros-Tochter in Courtepin FR besuchen. Einige sollen nächstes Jahr eine Lehre beginnen. So erging es ihnen am Schnuppertag.

21-06-2016 / Blick

Lange Messer und Kettenhemden hängen an Gestellen. Beim Fleischverarbeiter Micarna im freiburgischen Courtepin riecht es nach Desinfektionsmittel und Blut. An den Waschbecken seifen sich junge Menschen aus Eritrea, Syrien, Afghanistan und Sri Lanka die Hände ein. Zuvor sind sie in weisse Schutzanzüge geschlüpft und haben den Mundschutz befestigt.

25 aufgenommene Flüchtlinge besichtigen die Migros-Tochter. Einige dürften Schwein haben und einen Ausbildungsplatz ergattern. Erstmals konnten sie den Betrieb kennenlernen. Denn Micarna fehlen Fachkräfte. Vor allem in der Fleischverarbeitung. Deshalb will die Migros-Tochter Flüchtlinge ausbilden, 2017 soll es losgehen.

«Ich möchte eigentlich eine Lehre im Detailhandel machen», sagt Sivavubini Gunaratnam (24) aus Sri Lanka. Dann habe sie vom Angebot von Micarna gehört. Gunaratnam lebt seit zwei Jahren in der Schweiz und ist eine von drei interessierten Frauen.

«Ich will Techniker werden»

Ebenfalls klare Vorstellungen hat der Eritreer Tsigab Zerezghi (23). «Ich will Techniker werden», sagt er. In seiner Heimat arbeitete er als landwirtschaftliche Hilfskraft. Dann flüchtete er, gelangte vor drei Jahren übers Mittelmeer nach Italien und in die Schweiz. Zerezghi: «Meine Familie habe ich seit Jahren nicht gesehen.»

Am Boden liegen Fleischreste, hie und da Blutspuren. Förderbänder rattern, Maschinen stampfen, ein Arbeiter kontrolliert, ob die Schweinsplätzli korrekt paniert werden. Der Raum ist auf zehn Grad gekühlt. In Courtepin werden täglich 1200 Schweine und 109’000 Poulets zerlegt und verarbeitet.

«Steht die Frau dort den ganzen Tag an dieser Maschine?», fragt der Tamile Guruthev Poologavaja (21) in der Verpackungshalle. «Was ist, wenn jemand einen Unfall hat?», will ein anderer wissen. «Welche Berufe gibts denn hier alles?»

122 Lehrlinge

Micarna bildet 122 Lehrlinge in 18 Berufen aus. Für die Fleischverarbeiter gibt es eigens eine Lehrlingswerkstatt. Die Auszubildenden machen alles selber: Vom Metzgern übers Räuchern bis zum Verkauf im Fabrikladen. Die Flüchtlinge staunen, wie routiniert die Lehrlinge mit dem Fleischermesser hantieren, Schweinehälften zerteilen.

Zerezghi weiss inzwischen, dass er hier auch Polymechaniker lernen kann. «Aber mit Fleisch arbeiten wäre auch gut.» Mit Schweinefleisch? «Als orthodoxer Christ esse ich das nicht, doch schneiden geht schon.»