Zürcher Unternehmer erhält die «LutherRose»

Im Grossmünster hat am 17. November die Internationale Martin Luther Stiftung dem Zürcher Unternehmer Dietrich Pestalozzi die «LutherRose 2014» verliehen. Der Preis wird jeweils an Persönlichkeiten vergeben, die sich um «gesellschaftliche Verantwortung und Unternehmer-Courage» verdient gemacht haben. Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger hielt die Laudatio. Ein Augenschein vor Ort.

IMG_6234y

Vor 65 Jahren sei er genau hier getauft worden, sagte Dietrich Pestalozzi in seiner Dankesrede im Zürcher Grossmünster. Pestalozzi, ganz der Protestant, gab sich bescheiden: «Ich dachte nicht, dass meine Tätigkeiten derart besonders sind.» Ihm sei es allerdings immer wichtig gewesen, sich neben dem Beruf auch sozial zu engagieren. Deshalb arbeitete er während zwölf Jahren in der Dietiker Kirchgemeinde. Für acht Jahre sogar als Präsident.

Zu Pestalozzis Ehren wohnten zahlreiche illustre Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur der Verleihung bei, die Kirchenbänke waren gefüllt bis auf die hintersten Reihen. Thüringens Ministerpräsidentin, Christine Lieberknecht, hielt eine rhetorisch fulminante Gastrede: Pestalozzi verknüpfe in seinem wirtschaftlichen, sozialen und kirchlichen Handeln die Tugenden von Freiheit und Verantwortung, weshalb er den Preis alleweil verdient habe.

Liebknecht begann ihre Rede mit ausufernder Gestik, doch nach 20 Minuten begann ihre Kondition allmählich nachzulassen, ihre Hände blieben unten. Die Wirtschaft solle den Menschen dienen, und nicht umgekehrt, sagte sie und brachte damit ihre Rede auf den Punkt. Anschliessend hielt Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger eine Laudatio.

Mit windigen Schritten trat er an Zwinglis Taufbecken, das zum Rednerpult umfunktioniert worden war. Leuenberger appellierte an die Unternehmer, soziale Verantwortung zu übernehmen. Pestalozzi sei dazu ein gutes Vorbild, bei dem man Geschäftsmann und Christ nicht auseinanderdividieren könne. Und während Leuenberger so sprach, strebte eines seiner Haarbüschel stets zur Decke, so als hätte der Alt-68er in diesem Moment einen direkten Draht bis nach ganz oben gefunden.

 

Niemand hätte dieses Jahr den Nobelpreis verdient

Morgen verkündet das norwegische Nobelpreiskomitee den Friedensnobelpreisträger 2014. Warum es dieses Jahr jedoch keinen Gewinner geben sollte.

Aargauer Zeitung / 09-10-2014 Zum Artikel

2014 ist scheinbar ein gutes Jahr für den prestigeträchtigen Friedensnobelpreis. Insgesamt stehen 278 Nominierte auf der Liste – so viele wie nie zuvor. «Als Martin Luther King den Preis vor genau 50 Jahren bekam, musste er sich nur gegen 43 andere Kandidaten durchsetzen», sagte der abtretende Geir Lundestad. Als Direktor des Nobelinstituts hat er ein Vierteljahrhundert lang über die Kandidatenliste gewacht und mitverfolgt, wie das Interesse an dem Preis stets gewachsen ist. Obwohl Lundestad die Nominierten geheim hält, kursieren – wie jedes Jahr – Namen der Favoriten.

Nachdem der Preis 2013 unerwartet an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ging, könnte das Komitee nun erneut überraschen: Wie wäre es zum Beispiel mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und deren gegenwärtigem Vorsitzenden Didier Burkhalter? Die OSZE ist im Ukraine-Konflikt die einzige von beiden Seiten anerkannte Vermittlerin. Eine couragierte Wahl wäre auch der US-Whistleblower Edward Snowden, der unter anderem neben Papst Franziskus oder dem deutschen Altkanzler Helmut Kohl vorgeschlagen ist. Gegen Snowden sprechen indes zwei Gründe: Erstens wird er von seiner Regierung offiziell als Verräter gesucht, zweitens sucht er Schutz in Russland – in einem Land also, dessen Regierung 2014 nicht gerade zum Weltfrieden beigetragen hat. Bei den Buchmachern steht auch ein Mädchen hoch im Kurs: die 17-jährige Malala Yousafzai. Bereits letztes Jahr wurde sie als grosse Favoritin gehandelt, weil sie in ihrer Heimat Pakistan für das Recht von Kindern auf Bildung kämpft.

Doch angesichts der gegenwärtigen Weltlage käme dieses Jahr eigentlich nur ein Gewinner infrage: niemand. Wenn die Verleihung dieses Mal ausbliebe, wäre das ein Signal an Regierungen und internationalen Institutionen, die durch ihre Fehlentscheide der letzten Jahre zu den derzeitigen Krisen beigetragen haben. Dazu gehört nicht zuletzt der Aufstieg der Terrororganisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien – der gegenwärtig grösste Krisenherd.

In Europa musste die internationale Gemeinschaft zusehen, wie Russland die Krim annektierte. Seit Jahrzehnten ist damit wieder eine Landesgrenze in Europa gewaltsam verschoben worden. Abgesehen vom Konflikt in der Ostukraine forderte der Gaza-Konflikt im vergangenen Sommer mehr als 2000 Menschenleben.

2014 ist auch das Jahr, in dem die nigerianische Terrororganisation Boko Haram mehr als 300 Mädchen entführte und dadurch erst die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich zog. Und es ist das Jahr, in dem mehrere Länder in Westafrika von Ebola heimgesucht werden. Eine Seuche, die sich nach Jahrzehnten der Bürgerkriege auch aufgrund des mangelnden Gesundheitssystems ausbreiten konnte.